BRRRR    AAAAP! So ungefähr müsste man wahrscheinlich den Sound einer stark beschleunigenden Hardenduro beschreiben. Doch wie funktioniert diese schnelle Beschleunigung eigentlich? Einfach nur Gas geben – wohl eher nicht.

Beim Hardenduro ist die Kupplung essentiell, vor allem in oben genannter Situation. Wie oft geschieht es in unserem Sport, dass man als Fahrer binnen kürzestem Anlauf ein Hindernis mit möglichst viel Schwung überwinden muss – ständig.

Achtet man auf die Akustik des Motors eines Hard Enduro Fahrers, wenn er kurz davor ist ein Hindernis zu überwinden, wird man hören, dass der Motor zuerst mit sehr hoher Drehzahl dreht und er anschließend die kinetisch gespeicherte Energie im Motor über die Kupplung in den Boden überträgt. Jene Kraft wird durch die Massenträgheit der Motorkomponenten (Kurbelwelle), vor allem mit Hilfe des Schwungrads / Polrads übertragen.

Jeder Endurist mit fortgeschrittener Könnensstufe wird bezeugen können, dass ein Drehzahl-technisches „Aufladen“ des Motors mit einem anschließenden Kupplungsstoß das Motorrad deutlich schneller beschleunigt, als nur am Gashahn zu drehen. Um diese Technik besser zu verstehen, müssen wir detaillierter einsteigen.

Was ist ein Schwungrad?

Bevor wir uns damit beschäftigen, wie das „Aufladen“ abgeht, sollten wir erstmal checken, was ein Schwungrad überhaupt ist. Das Schwungrad ist ein echt wichtiges Teil im Motor, welches dafür sorgt, dass die Rotationsenergie des Motors gespeichert und wieder abgegeben wird. Diesbezüglich hat es einen großen Einfluss auf das wahrgenommene Drehmoment des Motors.

Wie besprochen erzeugt man durch hohe Motordrehzahlen eine große Menge an Rotationsenergie, welche bei Bedarf sofort über einen Kupplungsstoß in eine Vorwärtsbewegung verwandelt werden kann. Betrachtet man den Motor von Motocross- und Enduromaschinen separat voneinander, so fällt auf, dass Enduros eine größere Schwungmasse aufweisen, als es MX Bikes tun.

Woran liegt das?

Auf der Motocross Strecke will man einen lebendigen, drehfreudigen Motor, der stark am Gas hängt und schnellstmöglich seine Drehzahlen ändert. Es sind keine Hindernisse, wie Bäume, Felsen oder Betonpoller zu überwinden. Beim Extreme Enduro will man hingegen einen Motor, der dann Drehmoment liefert, wenn man es braucht und für eine geschmeidigere Beschleunigung sorgt. Daher macht es Sinn die Enduros mit mehr Gewicht am Motor, sprich einer zusätzlichen Rotationsmasse (meist am Polrad verbaut) auszustatten, welche es ermöglicht mehr Energie zu speichern.

Ich will aber mit meiner Motocross Enduro fahren!

Kein Problem, das geht natürlich. Willst du allerdings eine ähnliche Motorcharakteristik wie deine Enduro Kollegen, dann kannst du dich mal für eine Optimierung auf dem Aftermarket umsehen. Für viele Mopeds gibt es sogenannte „Flywheel Weights“, welche dir genau in den technischen Sektionen wesentlich mehr Schwung liefern. Meist wird wie erwähnt einfach am Polrad eine zusätzliche Schwungmasse montiert. Dieses Zusatzgewicht sorgt für mehr Traktion

„Den Motor aufladen“

Jetzt, wo wir wissen, was ein Schwungrad ist, können wir uns anschauen, wie wir es im Gelände nutzen können.

Also, wie funktioniert das Ganze? Ganz einfach: Ihr haltet die Kupplung angezogen, während ihr Gas gebt – das „lädt“ das Schwungrad im Motorrad auf. Dadurch nutzt ihr die gespeicherte Energie des Schwungrads, um euer Bike in schwierigen Situationen besser kontrollieren zu können. Wenn ihr dann das Gas zurücknehmt und die Kupplung loslasst, gibt das Schwungrad die Energie frei und euer Bike bleibt in Bewegung.

Um das mit der Erhöhung der Drehzahl richtig hinzubekommen, müsst ihr den richtigen Zeitpunkt finden, um die Kupplung im Schleifbereich zu halten. Wenn ihr die Kupplung zu früh loslasst, hat das Schwungrad noch nicht genug Energie gespeichert, um euer Bike ausreichend in Bewegung zu setzen. Wenn ihr die Kupplung zu lange haltet, dreht der Motor unnötig hoch, was eventuell eure Traktion minimiert.

Übertragen auf die Praxis

Genug gelabert, nun kommt ein einfaches Praxisbeispiel. Dein Vorderrad befindet sich in unmittelbarer Distanz von 1,5m von einem 60 Zentimeter dicken Baumstamm entfernt. Intuitiv weißt du genau, dass auf eine so kurze Distanz ein normaler Griff ans Gas niemals reicht das Vorderrad ausreichend in die Höhe zu befördern. Dir bleibt nur eine Möglichkeit – deinen Motor aufzuladen. Du stehst also am besten frei balancierend auf der Stelle, ziehst die Kupplung und legst den zweiten Gang ein. Mit einem herzhaften Griff ans Gas lässt du deinen Motor aufheulen und gibst einen ordentlichen Kupplungsstoß. In Kombination mit einem gleichzeitigen Impuls deines Körpers in Richtung Boden komprimierst du dein Fahrwerk, erhöhst die Traktion und kannst gleichzeitig den Rebound deiner Federung nutzen, um dein Bike noch leichter über das Hindernis zu bewegen. Dein Vorderrad wird schnell steigen und du mit der richtigen Technik hast du leichtes Spiel den Stamm zu bezwingen.

Gefühl für die Kupplung entwickeln

Ein wichtiger Aspekt, der hier zum tragen kommt, ist ein gutes Gefühl für die Kupplung. Du musst Verständnis dafür aufbauen, wie viel Kupplung du für die bestmögliche Traktion benötigst.

Zu wenig Kupplung und du bekommst nicht ausreichend Geschwindigkeit. Zu viel Kupplung und du hast aufgrund mangelnder Traktion den gleichen Effekt. Wie im Artikel Hillclimb bereits erwähnt, ist das Aufladen des Motors in Kombination mit einem ausgeprägtem Gefühl für die Kupplung eine der Schlüsselkomponenten für einen erfolgreiches Bezwingen des Bergs. Wer versucht am Hang erst die Drehzahlen des Motors zu erhöhen, der wird höchstwahrscheinlich scheitern. Daher ist es wichtig mit ausreichender kinetischer Energie im Motor, die man bestenfalls schon in der Anfahrt aufbaut, in den Hang zu fahren. Nur so kannst du dein Vorderrad am Berg noch über gewisse Hindernisse bewegen oder noch einen gezielten Kupplungsstoß setzen, wenn du drohst an Geschwindigkeit zu verlieren.

Wie setzen Top-Fahrer die Technik ein?

Werfen wir einen Blick auf die Top-Fahrer im Hard Enduro, Enduro Cross oder Trials, die diese geniale Technik einsetzen.

Beim Trial ist es an nahezu jedem Hindernis zu erkennen und bei den anspruchsvollen Parkour des Enduro Cross spielt die Technik eine ebenfalls große Rolle.

Einer der wichtigsten Kniffe, auf die die Profis achten, ist der perfekte Zeitpunkt zum Anwenden der Technik. Kurz bevor sie ein Hindernis oder fieses Gelände erreichen, geben sie ordentlich Gas und halten dann die Kupplung im Schleifbereich, um das Schwungrad aufzuladen. Sobald sie unmittelbar am Hindernis oder schwierigen Gelände ankommen, lassen sie die Kupplung im richtigen Maß los.  Durch das Laden des Schwungrads können sie die gespeicherte Energie nutzen, um sie und ihr Bike katapultartig über Hindernisse zu befördern.

Ein weiterer entscheidender Punkt ist die Wahl des richtigen Ganges. Ein guter Endurist wählt den Gang, der ihm erlaubt, das Schwungrad am effektivsten aufzuladen und zu nutzen. Der richtige Gang hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Art des Hindernisses oder des Geländes, das sie durchqueren müssen. Für Schritttempo und weniger empfiehlt sich bei den meisten Bikes der zweite Gang. Er sorgt für eine kontrollierbare Traktion, ohne gleich auf dem Hintern zu sitzen, wie es vielleicht beim ersten Gang der Fall sein könnte.

Fazit und Schluss

Die Profis setzen das Aufladen des Motors sogar in einfacheren Situationen ein, etwa beim Überwinden einer Steigung oder Hillclimbs. Sie ist somit zweifelsohne eine der wichtigsten Skills im technischen Hard Enduro oder Trials Bereich.

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